Alpers-Huttenlocher-Syndrom

Alpers-Syndrom
Poliodystrophia progressiva corticalis
Glioneurale juvenile Dystrophie


Das Alpers-Huttenlocher-Syndrom beschreibt eine degenerative Hirnerkrankung (Abweichungen vom Normzustand), welche genetisch bestimmt wird und meist schon im Säuglingsalter beginnt.

Der Name der Erkrankung stammt von den beiden US- Amerikanern Bernard Jacob Alpers und Peter R. Huttenlocher.

 

Zum Verständnis ein kleiner Exkurs zur Zelle

Unsere Zellen – die kleinsten Bausteine und Funktionseinheiten im menschlichen Organismus – nehmen Stoffe auf, bauen diese um und setzen sie wieder frei. Sie nehmen somit am gesamten Stoffwechsel teil. Zellen wachsen, verändern sich, reagieren auf ihre Umgebung und teilen sich (Zellvermehrung). Jede Sekunde sterben Millionen von Zellen im Körper und ebenso viele werden wieder neu gebildet.
Jede einzelne Zelle besteht aus vielen Funktionseinheiten, den sogenannten Organellen (Zellorganellen). Hierzu gehört auch der Zellkern, der die größte Struktur einnimmt.

Die Hauptaufgabe – gemeinsam mit dem Zytoplasma (flüssige Zellfüllung mit vielen Stoffen) – ist die Steuerung des Zellstoffwechsels und die Beherbergung unserer Genetik.

In diesem Inneren des Zellkerns nun liegt also unsere DNA, die wiederum aus 46 Einheiten besteht, den sog. Chromosomen (23 Chromosomen von der Mutter und auch 23 von väterlicher Seite, gesamt 46). Somit ergeben sich insgesamt 23 Chromosomenpaare, hiervon werden 22 Paare als Autosomen und 1 Paar als Geschlechtschromosom bezeichnet.

Jeder DNA-Abschnitt repräsentiert das GEN und mehrere Gene ergeben ein Chromosom.

Dort stecken nun also all unsere Erbinformationen drin, der Bauplan für den Menschen.

 

Beschreibung

Das Alpers-Huttenlocher-Syndrom wird als autosomal-rezessiv erbliche Degeneration bezeichnet:

Hier tragen meist beide Elternteile neben einem gesunden Gen auch ein krank machendes rezessives Gen (Gegenteil von dominant). Die krankmachende Wirkung dieses rezessiven Gens wird bei den Eltern jedoch vom dominanten Gen überdeckt, so dass beide Elternteile gesund sind. Bei 25% der Nachkommen passiert es jedoch, dass von der Mutter wie auch vom Vater das rezessive Gen jeweils vererbt wird. Somit kommt es zur Erkrankung.

Die genetisch bedingte Degeneration bezieht sich beim Alpers-Huttenlocher-Syndrom auf eine Hirnerkrankung:

Hauptsächlich befallen sind die Großhirnrinde, das Kleinhirn und die Basalganglien.

Das Großhirn, der größte Teil unseres Gehirns, ist das Zentrum unseres Bewusstseins, hier werden all unsere Empfindungen gesteuert (unser Handeln, Selbstbewusstsein, Kreativität, Gedächtnis). Die Großhirnrinde besteht zu über 70% aus Nervenzellen.

Das Kleinhirn steuert die Motorik: Feinsteuerung, Koordiniation, Erlernen von Bewegungsabläufen und unbewusstes Planen. Ebenso gehört die Informationsverarbeitung zu dessen Aufgabengebieten.

Die Basalganglien nehmen eine sehr große und wichtige Rolle ein: Sie steuern mit bei Bewegungsabläufen, verarbeiten Informationen, welche wir wahrnehmen und wirken bei der Verarbeitung von Emotionen und der Entstehung von dementsprechenden Verhalten mit.

Begleitet wird das Alpers- Syndrom zumeist von mitochondrialen Veränderungen (mit Störungen der Atmungskette) auch in anderen Organen wie Muskeln, Herz und Leber. In wenigen Einzelfällen betrifft eine Mitochondriopathie den Alpers- Erkrankten noch dazu:

Mitochondrien zählen ebenso wie der Zellkern zu den Zellorganellen (siehe Exkurs Zelle). Für alle Stoffwechsel- und Transportvorgänge benötigen die Zellen Energie. Diese wird in den Mitochondrien erzeugt, weshalb sie auch als „Kraftwerke der Zelle“ bezeichnet werden.

Bei der Mitochondriopathie handelt es sich um eine Fehlfunktion bzw. Schädigung der Mitochondrien. Diese mitochondriale Veränderung hat nun Auswirkungen auf die Verfügbarkeit der Energie, auf den gesamten Stoffwechsel sowie auch auf die Atmungskette.

 

Erscheinung, Symptome und Krankheitsverlauf

Nach einer normal verlaufenden Schwangerschaft und Geburt gibt es zunächst noch keine Auffälligkeiten für die Erkrankung des Säuglings. Mit der Zeit können sich Entwicklungsverzögerungen und Bewegungssteifheit bemerkbar machen.
Später können urplötzlich länger andauernde Anfälle mit Zuckungen auftreten, die sehr heftig sind und immer häufiger auftreten.

Mit zunehmendem Krankheitsverlauf kommt es zu einem Stillstand in der Entwicklung des Kindes, die ersten spastischen Züge machen sich bemerkbar, ebenso die ersten Bewegungseinschränkungen mit Gleichgewichtsstörungen. Nicht selten treten auch Lähmungserscheinungen auf.

Viele Betroffene leiden unter der „klassischen Trias“:

  1. Schwer therapierbare Epilepsie:Fallsucht oder Krampfleiden, spontan auftretender Krampfanfall
  2. progrediente psychomotorische Retardierung: fortschreitende, psychomotorische Zeitverzögerung eines Ablaufes, somit ein Zurückbleiben der körperlichen Entwicklung des Erkrankten (Die Psychomotorik beschreibt die Gesamtheit des körperlichen Bewegungs- und Ausdrucksverhaltens durch psych. Vorgänge)
  3. Hepatopathie (nicht immer der Fall): Eine Sammelbezeichnung für bestimmte Erkrankungen der Leber, welche unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Häufig tritt die Gelbsucht mit auf. Im schlimmsten Fall kommt es zum Leberversagen.


Das Alpers-Syndrom beginnt meist schon im Säuglingsalter mit fokalen (von einem bestimmten Herd/Ursache der Entzündung ausgehend) epiletischen Anfällen, Seh- und Hörstörungen sowie zentralen Bewegungsstörungen wie
Spastik: erhöhte Anspannung der Skelettmuskulatur
Ataxie: Störungen der Bewegungsabläufe, Koordinationsstörungen
Choreoathetose Kombination verschiedenster Störungen von Bewegungsabläufen (Form und Entstehung unterschiedlicher Bewegungen)

 

Diagnose

Neben Krankenverlauf, Vorgeschichte und genauer Untersuchung können verschiedene Laborbefunde, eine MRT (Magnetresonanztomographie)und EEG (Elektronenzephalogramm) des Gehirns Aufschluss über die mögliche Erkrankung geben. Ebenso wird eine Biopsie (Gewebsentnahme) von Muskeln veranlasst.

 

Therapie

Die Ursache bzw. die Entstehung der Erkrankung können weder beeinflusst noch behoben werden. Selbst die Anfälle sind auch mit Medikamenten nicht therapierbar.
Einige Symptome können behandelt werden. Medizinische Maßnahmen für die Erleichterung und Anpassung an die körperlichen und psychischen Umstände können nur unterstützen. Die Vorbeugung für die Erkrankung, die Heilung selbst und die Rehabilitation erkrankter Kinder sind nicht gegeben.

Eine begleitende Unterstützung und fachgerechte Beratungen können der betroffenen Familie für den weiteren Krankheitsverlauf helfen.

 

Prognose

Die Krankheitsdauer beträgt Monate bis Jahre.
Meist tritt der Tod im „Status epilepticus“ ein (länger andauernder epileptischer Anfall).

ua/rs 19.12.2013


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Das Glossar wird regelmäßig aktualisiert und erweitert.

Die hier aufgeführten Informationen können einen ärztlichen Rat nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.

Die Einträge stammen nicht von medizinischem Fachpersonal, sondern von unserem Mitarbeiterteam.